„Wer führt? Wer folgt?“

März 1, 2017 - 2 minutes read

Achtung: Dies ist keine Geschichte, sondern ein heftiger Anfall von Nostalgie, die mich beim Schreiben erfasst hat!
Damals, als die technische Perfektion im Tango argentino in der Schweiz in den Anfängen steckte, als der Tango sozusagen noch einfach war, als alle Tanzenden eher am Suchen waren als am Wissen, war – jenseits von richtig und falsch – alles Umsetzbare möglich und die Lust am Experimentieren gross. Rückblickend behaupte ich: wir waren kreativer!
Da in unseren Kursen alle Führen und Folgen lernten, konnten man/frau damit auch spielen. Ebenso übten und tanzten alle mit allen, aneinander klebende Zweiheiten gab es nicht. Diese Vereinbarung hatte den Effekt, dass wir alle lernten, uns schnell auf ein Gegenüber einzustellen. Jeder Mensch ist eine Welt für sich und fühlt sich im Körperkontakt anders an, was ungemein spannend ist!
So tanzten wir an unseren Tangofesten (Milongas) auch zu klassischer Musik, Jazz, Filmmusik, Songs aller Art, – zu was immer uns gefiel und sich irgendwie eignete!
Wir wechselten während eines Tanzes die Führe-/Folge-Rolle, behielten aber die Tanzhaltung bei – oder wechselten die Tanzhaltung, blieben aber in der ursprünglichen Rolle. Wir spielten mit verschiedenen Tanzhaltungen, wagten es auch einmal ganz ohne Berührung …. Frauen tanzten mit Frauen, und (jawohl!) Männer mit Männern. Und ganz Verrückte führten auch mal 2 oder 3 Frauen gleichzeitig!
Warum ich das so liebevoll erinnere? All diese Experimente und Spiele forderten uns volle Aufmerksamkeit ab; da war „viel Begegnung“! Es machte Spass, sich gegenseitig herauszufordern, Anregungen aufzunehmen und zu überbieten; es gab ständig Irrtümer, viel Lachen, sich wieder Finden – und kaum Platz für Routine und Langeweile!

So steckt in meinem Nostalgie-Anfall auch eine grosse Portion Beharrlichkeit: ich glaube, so vieles ist möglich (ausserhalb der „Zone der Behaglichkeit“).