„Tango im Stadtbus“

Januar 31, 2017 - 3 minutes read

Der aktuelle „kürzeste Witz“ lautet angeblich: „Es geht jemand durch die Gegend und schaut um sich.“ – gehört in einer „Sternstunde Philosophie“ von TV SRF1.
Ja, so bewege ich mich und frage mich oft: wo ist die Aufmerksamkeit meiner Mitmenschen wohl gerade? Bei denen, die gebannt auf ihre Smartphones starren, scheint es klar zu sein! Sicher….??
Eine Geschichte dazu:

Ich steige mit Rucksack und voller Einkaufstasche in den gut besetzten Stadtbus ein. Auf dem erhöhten Zweierplatz neben dem Einstieg flätzt sich ein Jugendlicher über beide Sitze, die Schulmappe neben sich, Musik in den Ohren, Kopf gesenkt. Ich bewege mich grad auf die erste Stufe zu, will fragen, ob hier ein Pl…. als der junge Mann sich auf seinem Fensterplatz neu einrichtet, gerade so „knapp“, dass ich mich setzen kann, seine Mappe landet auf dem Boden, halb bei mir, halb bei ihm. Mein „Danke…“ bleibt stecken, denn ich glaube zu spüren, dass derlei altmodische Kommunikation nicht notwendig ist (da keine Not?!). Also setze ich mich, mit einem innern Dankeschön, Rucksack und Einkaufstasche auf dem Schoss.
Der Junge ist mit dem Handy beschäftigt, wippt mit dem Kopf zur Musik. Gleichzeitig schiebt er mit dem Fuss die Mappe ganz vor seinen Sitz. Erleichtert stelle ich meine Einkäufe vor mir auf den Boden, – und bemühe mich, so zu tun als hätten wir nun ganz und gar nichts miteinander zu tun. Kostet mich einiges (denn eigentlich könnte ich ihn grossmütterlich knuddeln).

Drei Haltestellen später muss ich raus. Ich verklemme mir jeden Blickkontakt, bemerke aber aus dem Augenwinkel eine Bewegung; erst draussen – der Bus fährt schon an – schaue ich kurz in Richtung meines ehemaligen Sitznachbarn, der nun ein Bein wieder auf meinem Sitz hat. Und …. mir begegnet ein Blick schräg unter den Haaren hervor, ein Zehntels-sekundenlächeln von mir zurück, Ende des Tangos!

Bis vor meine Haustüre fühle ich mich noch verzaubert von dieser kleinen Geschichte über „Führen und Folgen“, von der subtilen und respektvollen Wahrnehmung von Räumen.
Zu gerne hätte ich erlebt, wie sich unser „Tanz“ gestaltet hätte, wenn Er vor mir hätte aussteigen müssen.